Manchmal findet man sein Glück an jenen Orten die einem beim ersten Anblick die Titelmelodie von „Spiel mir das Lied vom Tod„ in den Kopf rufen. Der Colca Canyon ist in der Trockenzeit ein erbarmungsloses Gebiet. Staubig, trocken, die Sonne brennt sich gnadenlos durch alle Hautschichten. Selbst die Ratten scheinen Sonnenschutz Faktor 20+ zu brauchen, anders kann ich mir meine angenagte Flasche nicht erklären. Da ich meine Touren mittlerweile nach dem Zufallsprinzip buche komme ich von der Sonneninsel im Titicaca-See über die Floating Islands bei Puna nach Arequipa. Ich hab die Kälte der Berge und des Hochlands für eine Weile satt und brauche Sonne, die meine Haut im Handumdrehen dunkel färbt und einen Ort an dem man Nachts noch bequem in Flip Flops spazieren kann. Zudem verändern sich die Menschen, denn nach der Reserviertheit in Bolivien, erlebe ich Herzlichkeit in Peru und einen Hostel-Papa der mir stolz seine wenige Tage alte Tochter Erika präsentiert.
Drei Tage Colca Canyon, das verspricht tolle Eindrücke und knallharte Tatsachen, also ab zum Ticketschalter und den Sitz für den nächsten Bus reserviert. Die Peruaner sind erbarmungslos, was die Zeiten für den Aufbruch anbelangt. Um drei Uhr morgens sitze ich im Pyjama im Tour-Van und kralle mich an die Hoffnung, dass es beim Frühstück heißen Kaffee oder Koka-Tee gibt. Drei Stunden später wird diese Hoffnung zunichte gemacht, als ich kurz nach der Passüberquerung auf 4000-irgendwas Metern das Frühstück frierend bei Minusgraden serviert bekomme. Meine Hände sind so durchgefroren, dass nicht mal eine kochend heiße Tasse Kaffee dagegen noch etwas ausrichten kann. Ich wünsche mich aktuell mehr denn je in die Karibik, das mit den Bergen war eine absolute Schnapsidee. Trotzdem beiße ich die Zähne zusammen, unterdrücke meinen Morbus Mediterraneum und krieche im Bus unter die Decke. 35296 klappernde Zähne später werde ich am Cruz del Condor aus dem warmen Bus geworfen, hier ist eine Aussichtsplatform mit Condor Garantie. Und hier ist es etwas tiefer im Land, hier scheint die Sonne und hier ist es warm. Scheint auch der Grund zu sein, warum die riesigen Vögel mit zum Teil 3,50m Spannweite hier rumhocken und nicht weiter oben auf dem Berg. Majestätisch gleiten sie im Tal umher, die Horden an knipsenden Touristen und ich mittendrin, scheinen sie nicht mal ansatzweise zu jucken. Naja sie sind Aaßfresser, vielleicht warten sie auch nur auf das erste Opfer mit Hitzschlag. Den Vögeln beim Kreisen zuzuschauen hat etwas sehr meditatives, es lullt mich ein und ich bin versucht ebenfalls die Flügel zu spreizen und ins Tal zu segeln. Luis, mein Guide, meint nur trocken, ich wäre wenig aerodynamisch und zudem mit zu geringem Auftrieb versehen. Spielverderber!
Kurze Zeit später befinde ich mich mit den glorreichen Sieben am Startpunkt des Treks. Jo, Julia, Maria, Lara, Tim, Patrick und ich trotten tranquilo für vier Stunden bergab ins Tal. Die Aussicht ist beeindruckend, der Canyon durchzogen von Spalten, Steilhängen und Schluchten. Zwischendrin verläuft ein Trampelpfad der an manchen Stellen an gruselig tiefen Abgründen entlang führt. Dort kann man bis auf den Boden des Canyons sehen. Luis erzählt zwischendurch etwas über Flora und Fauna, meist geht es dabei ums Essen oder Trinken, bei letzterem in 99% aller Fälle um Schnaps. Eine Tour nach meinem Geschmack, denn am ersten Abend sitzen wir bei Alpaka-Steak und Colca-Sour (Pisco mit Kaktusfrucht) in unserer Hütte und verdauen gleichermaßen die Eindrücke des Tages und das Essen. Die peruanische Küche begeistert mich auf Anhieb, denn in diesem Land gibt es wieder Chilli-artiges Gewürz, dass diesen Namen auch verdient und Pfeffer, oh wie habe ich den vermisst. Argentinien und Chile wissen mit diesen schwarzen Wunderkörnern des erlesenen Geschmacks nichts anzufangen.
Der nächste Tag steht im Zeichen der Entspannung, schließlich mache ich hier Abenteuer-Urlaub. Also frühstücke ich Bananenpfannkuchen und stiefel dann Luis zum Chicha Stand hinterher. Die Wanderung dauert in etwa 15 Minuten, aber Zeit für das bierartige Getränk das aus Mais gebraut wird muss sein und das Frühstück liegt ja auch sehr schwer im Magen. Leicht erheitert pinseln wir uns mit dem roten Saft der Kaktusblattläuse Streifen ins Gesicht und erschrecken kleine Kinder mit unserem Gebrüll, da wir uns einbilden die letzten Nachkommen der Inka Krieger zu sein. Als einer der Dreikäsehochs dann seine Steinschleuder auspackt und zum Gegenangriff übergehen will, verkrümeln wir uns doch lieber ganz fix Richtung Museum. Dort zeigt uns Mr. Peru (seinen Namen hab ich vergessen) die fabelhafte Welt der dortigen Einheimischen. TV und Internet gehören nicht zur Grundausstattung des Dorfes, dafür gibt es jede Menge Maisbier und andere lustigmachende Getränke oder Pflanzen. Hergestellt wird es mit mittelalterlich anmutenden Methoden, aber die Menschen hier haben viel Zeit und daher keinen Bedarf an Effektivität. Ich habe das Paradies gefunden, das wird mir spätestens bei der ersten Arschbombe in den Pool des Hostels in der Oase klar. Den Rest des Tages widme ich mich solch anstrengenden Tätigkeiten wie Volleyball oder Pisco am Lagerfeuer. Ich bin k.o. als ich ins Bett falle, der nächste Tag soll der härteste werden.
Um 5 Uhr geht es im Dunkeln auf die erste Etappe des dreistündigen Aufstiegs um die 1800m die ich vorher ins Tal gelaufen bin wieder zu erklimmen. Die erste Sunde ist noch recht spaßig, danach wird die Luft merklich dünner und die Anstrengung wird deutlich spürbar. Mein Herz hämmert im Brustkasten und meine Lunge japst nach Luft. Erstaunlich was das bisschen Höhendifferenz ausmacht. Nach 2 Stunden und 34 Minuten habe ich den Gipfel erreicht, ich bin fertig mit der Welt und nehme Dankbar die M&Ms entgegen die mir Tim vor die Nase hält. Jetzt erst mal frühstücken!
geb’s zu, die canyon bilder hast du von irgendwelchen fotos abgeknippst…das kann gar nicht so stark aussehen 😉 und wieder mal…der neid steigt und steigt…
sieh mal zu das du über weihnachten in thailand bist….gucke auch schon nach günstigen tickets…
Bruderherz, da ist nix gemogelt außer das ich die Fotos mit einem Polfilter knipse. Dadurch wirken manche Farben etwas verstärkt. Und das ist so gewollt, damit Ray Ban und ich die gleiche Sicht der Dinge haben.
Salud. Miguel
Schon Cuy probiert??? Mit einem (2, 3,…) Colca-Sour dürfte das doch runterzuspülen sein 😉 Wir können uns übrigens nicht erinnern, jemals etwas Besseres als ein Alpaca-Steak im Colca Canyon gegessen zu haben 🙂
Hey Anne,
ja Cuy (Meerschwein) hatte ich schon in Puno probiert. Werd mir aber in Cusco noch mal eins zum vergleich bestellen. Der Geschmack ist echt gewöhnungsbedürftig, aber fürs Foto muss noch mal eins geopfert werden 🙂 Alpaca war sehr lecker, stimmt 🙂
Liebe Grüße, auch an Jan.
Das ist hart – diese ganzen Fotos zu sehen und die Reiseeindrücke zu lesen, aber das nicht selbst zu erleben – Frust 😉 Aber man ist ja selbst schuld…
Wie immer grandios alles in Szene gesetzt, da kommt so viel ‚rüber und es wird immer besser. Die Kondore sehen allerdings etwas nach Truthahn aus 😉
Viele Grüße aus Luxemburg, und weiterhin so viel Spaß, wie es bisher unüberlesbar gemacht hat.
Einen (lebenden) Truthahn hatte ich in der ersten Unterkunft auch und ich bin mir nicht sicher ob er mich mit seinem Gehabe anflirten wollte oder sein Revier markieren. Auf jeden Fall klang er wie eine Klapperschlange auf LSD und wollte sich partout nicht von mir fangen lassen… Schade wäre ein schöner Braten gewesen 🙂
Grüße aus Cuzco.