Feliz Cumpleaños

Ich sitze allein im Hostel, vor mir steckt eine einsame Kerze in einem schon fast gänzlich zerschmolzenen Snickers, die träge vor sich hin brennt und meinen 30.ten Geburtstag markieren soll. Keiner ruft mich an, keine E-Mail erreicht mich und selbst auf Facebook scheint kein einziger Gruß anzukommen. Ich bin deprimiert und will mich erhängen, als ich anfange das Seil zu knüpfen, wache ich schreiend im Bett auf.

Alles nur geträumt? Aber wie soll ich meinen Geburtstag sonst feiern, wo ich doch etwa eine halbe Welt von Familie und Freunden mit Apfelschnaps entfernt bin? Mein Problem löst sich von selbst als ich auf der Bootstour zur Insel Rosario einer Gruppe Kolumbianern aus Cali über den Weg laufe. Sie drücken mir ein Bier in die Hand und beruhigen mich: „Keine Panik“ sagt Edgar. Also treffe ich mich am Abend vor meinem Geburtstag mit der Gruppe in ihrem Appartment. Claudia, Viviana, Ximena, Dolly, William und Edgar später lerne ich noch viele andere Leute kennen, deren Namen und Gesichter ich aber erstmal wieder bei Facebook rekonstruieren müsste.

Zusammen besteigen wir einen Chiva-Bus, dass ist so etwas wie eine rollende Disco mit Stadtführung. Es gibt Salsa-Klänge und ein wenig historisches zu dem Altstadtkern von Cartagena. Dank der Lautstärke und mit Hilfe von ein wenig Aguardiente verstehe ich das absolute Minimum und nach der ersten Kurve habe ich auch keinen Plan mehr wo ich bin. Zwischendurch stoppt der Bus an der alten Stadtmauer, die den historischen Kern umgibt. Ein schnelles Foto mit einem Faultier und weiter geht es zur Disco. Bis um 5 Uhr Morgens werde ich eingefangen von karibischen Rhythmen, versuche mich in Salsa (immer noch verdammt schwer), Merengue (schon viel einfacher), Reggaton (Äh… ja) und vielem anderem. Die Disco ist irgendwann leer und wir beschließen zusammen ans Meer zu fahren um schwimmen zu gehen. Was soll man sonst auch anderes um 5 Uhr Morgens machen. Also sitzen wir am Strand, irgendwoher wehen noch die leisen Klänge der Partymusik herüber und plötzlich macht es „Klatsch“. Auf meinem Kopf wurde soeben ein rohes Ei zerschlagen, ich werde zudem mit Mehl überschüttet. Ich gehe im Meer schwimmen um die teigige Pampe wieder loszuwerden, danach bekomme ich ein Stück Kuchen in die Hand gedrückt. Irgendwann falle ich in einen seeligen Schlaf, das leise Rauschen der Wellen wirkt narkotisierend. Im Morgengrauen, als die Sonne schon am Horizont aufgeht, werde ich wach, bedanke mich sehr herzlich bei allen, steige in ein Taxi und fahre zum Hotel zurück. Ich brauche dringend eine Mütze Bett.

In meinen kühnsten Träumen hätte ich mir nicht so einen gelungenen Geburtstag vorgestellt, eingeladen von sehr besonderen Menschen, die mich kaum einen Tag kannten um mich auf so eine herzliche Weise zu integrieren. Meine Dankbarkeit für diesen Moment, kann ich gar nicht genug in Worte packen. Gracias por todo!

P.S.: Edgar, gracias por las fotos, las me encantan!